Welche Stellung hat die Frau in der Bibel?

Eine Frau mit welligem Haar und einem braunen Pullover lächelt herzlich und legt ihren Kopf auf ihre Hände.

1. Mose 1,27 · LUT Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau.
Galater 3,28 · LUT Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.

Die Frau wurde als gleichwertiges Gegenüber des Mannes geschaffen. Die Bibel ist nicht frauenfeindlich, sondern sogar eher fortschrittlich für ihre Zeit.

Am Anfang – gleichberechtigte Partner

Als Gott den Menschen schuf, gab es keine graduellen Unterschiede zwischen Mann und Frau. Sie waren Partner und bildeten zusammen den Menschen (1. Mose 1,27).

Gleich …

Mann und Frau sind gleichwertig, aber nicht gleichartig.

Mann und Frau sind gleichwertig, aber nicht gleichartig. Die Unterschiedlichkeit der Geschlechter ist gottgewollt. So können sie sich ergänzen und bestmöglich unterstützen. Jedes Bestreben, ein Geschlecht dem anderen anzugleichen, wirkt Gottes Absicht entgegen.

Adam wurde zwar zuerst geschaffen, doch sollte man daraus keine Vorrangstellung ableiten. Es scheint mehr darum zu gehen, dass Gott dem Menschen zeigen wollte, dass das Alleinsein nicht gut für ihn ist. Dadurch konnte er später sein Gegenüber noch mehr schätzen.

Die Frau – nur eine “Gehilfin”?

Die von Luther stammende Übersetzung, „ich will ihm eine Gehilfin machen, die um ihn sei” (1. Mose 2,18), wurde früher oft so verstanden, als ob die Frau die Dienerin des Mannes sein sollte. Eine treffendere Übersetzung des hebräischen Urtextes lautet aber: Gott schafft „eine Hilfe”, „ihm gegenüber”. Es geht um ein gleichwertiges Gegenüber und um gegenseitige Unterstützung, nicht darum, dass die Frau den Mann bedienen soll. Juden pflegen zu sagen, dass Eva nicht aus dem Kopf des Mannes gemacht wurde, um über ihn zu herrschen, auch nicht aus seinen Füßen, um ihm untertan zu sein, sondern aus seiner Seite, damit sie seinem Herzen nahe sei.

Veränderung der Beziehung durch Sündenfall

Der Sündenfall veränderte diese partnerschaftliche Beziehung. Als Gott das Urteil über Eva spricht, heißt es in 1. Mose 3,16: „Dein Verlangen soll nach deinem Mann sein, aber er soll dein Herr sein.” Diese Aussage wirft einige Fragen auf: Soll der Mann ab dem Sündenfall die Frau beherrschen? Ist das Gottes Wille? Oder beschreibt Gott hier einfach nur, was (leider) unweigerlich die Folge des Sündenfalls sein würde? Dass ab jetzt auf der Welt oft das Recht des Stärkeren gelten würde – und dass das ein Teil des Fluches ist?

Der hebräische Urtext würde beide Deutungsmöglichkeiten zulassen. Manche Bibelleser nehmen an, dass Gott dem Mann ab dem Sündenfall eine Leitungsposition gibt, andere sehen diesen Text eher als Vorhersage dessen, wie sich das Geschlechterverhältnis in einer sündigen Welt entwickeln würde.

Die patriarchale Gesellschaft des Alten Testaments

Hintergrund

Vor dem Hintergrund der damaligen Zeit ist die Bibel kein frauenfeindliches Buch, sondern sogar fortschrittlich.

Klar ist, dass im Israel des Alten Testaments Männer im öffentlichen Leben die Hauptrolle spielen. Sie sind Oberhäupter ihrer Familien, Stämme und des Volkes. Im Vergleich zu den umliegenden Kulturen fällt aber trotzdem auf, dass Frauen in Israel mehr gewürdigt und geschützt werden. Sie hatten durchaus Einfluss auf ihre Männer (1. Mose 16,2) und übernahmen in einzelnen Fällen auch politische Leitungsverantwortung (Richter 4,4-9; 2. Könige 11,3). Frauen werden von Gott ebenso zum Prophetenamt berufen wie Männer (2. Mose 15,20; 2. Könige 22,14).

Wenn wir die Bibel lesen, müssen wir folgendes beachten: Die biblischen Geschichten spielen sich in einer bestimmten Zeit und Kultur ab. Gott hat in diesem Setting gewirkt, auch wenn nicht alles daran notwendigerweise seinem ursprünglichen Ideal entsprochen hat (z. B. hatten Männer damals oft mehrere Frauen, es gab Sklaverei…). Auch bei den Geschlechterrollen lesen wir manches in der Bibel, das uns heute fremd ist . Hier sollte man sich dann fragen, ob es sich eher um eine kulturelle Gepflogenheit von damals handelte, die Gott tolerierte, oder ob darin ein göttliches Prinzip erkennbar wird, das auch heute noch Gültigkeit besitzt.

Der Einfluss des Hellenismus

Zur Zeit des Hellenismus, also auch zur Zeit des Neuen Testaments, hatte die Frau in der griechisch-römischen Gesellschaft eine sehr untergeordnete Position. Das hatte auch philosophische Gründe: Die griechische Lehre von der Unsterblichkeit der Seele betrachtete den Geist des Menschen als göttlich und ewig, den Körper aber als wertlos und verdorben. Da der Vorgang der Geburt einen Menschen hervorbringt, wurden sowohl Frauen als auch die Sexualität an sich abgewertet. Circa im 3. Jahrhundert fand diese Philosophie sogar Eingang ins Christentum, wo in der Folge dann die Ehelosigkeit (Zölibat) als ein besonderes Ideal erhoben wurde.

Jesus und die Frauen

Jesus hat Frauen mit Wertschätzung behandelt und sie ernst genommen. Es sind viele Gespräche mit Frauen übermittelt, sogar mit heidnischen. Dabei war es für jüdische Männer nicht vorgesehen, öffentlich mit Frauen zu sprechen (Johannes 4,27). Jesus ging es aber nicht um Konventionen, sondern er kam, um Menschen zu erlösen und zu retten – natürlich auch Frauen. Besonders das Lukasevangelium zeugt davon, wie Jesus mit Frauen umging. Es berichtet sogar davon, dass Jesus Jüngerinnen hatte, die ihn mit ihren Gütern in seiner Mission unterstützten (Lukas 8,1-3).

Bedeutungsvoll

Frauen waren in der frühen Christenheit bedeutungsvoll

Jesu Haltung war der Ausgangspunkt dafür, dass Frauen in der frühen Christenheit eine viel größere Bedeutung hatten als in der griechisch-römischen Kultur, die sie umgab.

Frauen in der ersten Christengemeinde und bei Paulus

In der Apostelgeschichte und den Briefen erfahren wir viel über die Anfänge der Christenheit. Frauen spielten von Anfang an eine wichtige Rolle. Manche erfüllten auch leitende Funktionen, z. B. die Prophetinnen in Apostelgeschichte 21,9 oder die „erwählte Herrin” in 2. Johannes.

Der Apostel Paulus wird von vielen heute für einen Frauenfeind gehalten. Das ist aber nicht fair. In Galater 3,28 betont er, dass Mann und Frau vor Gott gleichwertig sind.

Paulus hatte die Mission der ersten Christen im Blick. Das Evangelium sollte im Römischen Reich verbreitet werden. Die Aufwertung der Frau im Christentum führte dazu, dass Christinnen in den Gemeinden mehr Freiheiten genossen als außerhalb. Das brachte Christen manchmal in Verruf. Hier mahnte Paulus zu Umsicht und Zurückhaltung.

Darf eine Frau nicht lehren?

Das, was in 1. Timotheus 2,11.12 steht, wirkt auf uns befremdlich: „Eine Frau lerne in der Stille mit aller Unterordnung. Einer Frau gestatte ich nicht, dass sie lehre, auch nicht, dass sie über den Mann herrsche…” (ähnlich auch 1. Korinther 14,33-35). Diese Aussage müssen wir vor dem Hintergrund der damaligen Kultur verstehen. Frauen waren damals durch ihre soziale Benachteiligung meist weniger gebildet als Männer. Paulus war dafür, dass Frauen lernen und Fragen stellen – das war für damalige Verhältnisse fortschrittlich. Er wollte aber nicht, dass dadurch Predigten unterbrochen werden oder Außenstehende Anstoß nehmen. In diesem Zusammenhang ist interessant, dass er in 1. Korinther 11,5 Frauen erwähnt, die in der Gemeinde beten und weissagen – also öffentlich reden! Es scheint also nicht generell so gewesen zu sein, dass Frauen in Gottesdiensten nicht reden durften.

Gerettet, wenn sie Kinder gebären?

Auch 1. Timotheus 2,15 bereitet uns heute Unbehagen: „Sie wird aber gerettet werden dadurch, dass sie Kinder zur Welt bringt”… Bedeutet dies, dass es die einzige Lebensaufgabe einer Frau ist, Kinder zu bekommen, und dass sie sich damit sogar ihre Erlösung verdient?

Hier ist zu beachten, dass das Wort „dadurch” eigentlich „durch” oder „hindurch” bedeutet. Gott hilft den Frauen durch das mit Schmerzen verbundene Gebären von Kindern hindurch, das ja eine Folge der Sünde ist (1. Mose 3,16). Die Kernaussage lautet dann: „Sie werden gerettet werden (und mit Gottes Hilfe durch alles hindurchkommen), wenn sie im Glauben bleiben.”

Wenn Frauen also im Glauben usw. bleiben und ihre von Gott gegebene Aufgabe als Mütter nachkommen, werden sie gerettet werden. Gleiches gilt hier natürlich auch für die Männer: Wer an Jesus glaubt, aber seinen Pflichten als Vater nicht nachkommt, macht sein Christsein unglaubwürdig, vgl. 1. Timotheus 3,2-5. Dieser Text sagt nicht, dass jede Frau Kinder bekommen soll oder muss, sondern es geht darum, im Glauben zu bleiben und sich von Gott durch alle Lebenslagen hindurch führen zu lassen.

Muss eine Frau ein Kopftuch tragen?

Wie ist nun die Aussage von Paulus zu verstehen, dass christliche Frauen ein Kopftuch und lange Haare tragen sollten (1. Korinther 11,5.6.14.15)? In der damaligen Kultur trugen anständige Frauen eine Kopfbedeckung (1. Korinther 11,5-7). Eine Frau ohne Kopftuch galt als Prostituierte und man schnitt Ehebrecherinnen die Haare ab, um sie öffentlich zu beschämen. Eine Frau ohne Kopftuch oder mit geschorenen Haaren wäre nicht nur eine Schande für die christliche Gemeinde gewesen, sondern auch für ihren Mann (1. Korinther 11,7). Es ging also wiederum darum, die Mission der Gemeinde nicht durch unkluges Verhalten zu gefährden.

Heute würde eine christliche Frau, die ohne erkennbaren Grund ein Kopftuch trägt, gerade dadurch Anstoß erregen und ihren Glauben in ein seltsames Licht rücken. Wenn wir das Grundprinzip von Paulus beachten, sich anständig zu verhalten und keinen Anstoß zu erregen, scheint heute damit also das Nicht-Kopftuch-Tragen gemeint zu sein.

Muss sich eine Frau ihrem Mann unterordnen?

In Epheser 5,22-25 spricht Paulus davon, dass sich Frauen ihren Männern unterordnen sollen. Hier geht es aber nicht darum, dass Männer ihre Frauen wie Tyrannen beherrschen dürfen. Der Apostel vergleicht das Verhältnis zwischen Mann und Frau mit dem Verhältnis zwischen Christus und der Gemeinde. Jesus herrscht nicht wie ein Diktator über die Gemeinde, sondern liebt sie und dient ihr in selbstloser Hingabe. Er gibt der Gemeinde auch die Freiheit, sich gegen ihn zu entscheiden und ihn zu verlassen. Freiheit und Liebe gehören untrennbar zusammen. Wer immer nur den Kopf einziehen muss, wenn der andere gesprochen hat, kann seinen Partner nicht wirklich lieben. Seine Beziehung zum anderen ist eher von Angst bestimmt. Egoismus auf der einen Seite und Furcht auf der anderen sind keine Grundlage für eine glückliche Partnerschaft.

Paulus gibt in Epheser 5 Voraussetzungen dafür an, dass Frauen sich ihren Männern unterordnen: Der Mann muss seine Frau lieben – wie Christus die Gemeinde liebt und wie er seinen eigenen Körper liebt – und er muss sich selbst für sie hingeben (Epheser 5,25.28.29). Daran wird deutlich, dass es dem Apostel nicht um eine Herrschaft des Mannes über die Frau geht. Ein Mann, der sich nicht voll und ganz für seine Frau einsetzt und sie nicht wie Christus liebt – und damit auch Freiheit lässt – hat nicht das Recht, die Unterordnung seiner Frau zu erwarten.

Übrigens leitet Paulus das Thema mit Epheser 5,21 ein: „Ordnet euch einander unter …” Demnach soll sich auch der Mann unterordnen. Christen wollen eben nicht herrschen, sondern dienen, denn auch Jesus – unser Vorbild – ist gekommen, um der Gemeinde zu dienen (Matthäus 20,25-28).

Fazit

Beim Studium der Bibel ist immer auch die damalige Zeit und Kultur mit zu berücksichtigen. Nicht alles, was es zur Zeit des Alten oder Neuen Testaments gab, ist als Ideal für heute zu verstehen, sondern manches ist auch kulturell bedingt. Vor dem Hintergrund der damaligen Zeit ist die Bibel kein frauenfeindliches Buch, sondern sogar fortschrittlich. Das Verhalten Jesu und die Lebensweise der ersten Christengemeinde führten zu einer Aufwertung der Frau. Sie legten damit die Grundlage für Dinge, die wir heute für selbstverständlich erachten.

Zum Nachdenken

  • Warum ist es wichtig, die Bibel vor ihrem kulturellen Kontext zu verstehen?
  • Worin zeigte sich, dass Jesus Frauen mit Wertschätzung begegnete?
  • „Gleichwertig, aber nicht gleichartig”; wie können Männer und Frauen noch besser mit einander umgehen, um das zu zeigen?


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