Gibt es in der Bibel Prophezeiungen, die sich nicht erfüllen?

Eine Person in einer blauen Jacke steht unter einem Steinbogen einer alten Kirche und blickt auf eine weite Landschaft aus Feldern und Hügeln.

Manche Prophezeiungen über Israel scheinen sich nie erfüllt zu haben. Statt des erhofften messianischen Friedensreiches kam Israel ins Exil und wurde später zerstreut. Hat Gott seine Versprechen nicht gehalten?

Das messianische Friedensreich

Viele Texte in den klassischen Propheten (Jesaja, Jeremia, Hesekiel Sacharja usw.) sprechen vom sogenannten „messianischen Friedensreich“. Was beinhalten diese Prophezeiungen? Das Volk Israel wird aus allen Nationen gesammelt. Das Reich Israel wird wiederhergestellt. Der Messias wird kommen und als gerechter König herrschen. Feinde werden besiegt und es wird dauerhaften Frieden geben. Alle Völker werden kommen, um in Jerusalem anzubeten, das zur geistlichen Metropole der Welt wird. Die Menschen werden erstaunlich alt werden und auch bestimmte Folgen der Sünde werden aufgehoben, z. B. die Feindschaft zwischen Tieren (Jesaja 11; 65; 66).

Erfüllung im modernen Staat Israel?

Vorhergesagt?

Manche sehen in der Gründung des Staates Israel die Erfüllung alttestamentlicher Prophetie.

Manche sehen zwar in der Gründung des Staates Israel 1948 eine Erfüllung der alttestamentlichen Prophetie. Doch hält dieses Verständnis der Realität stand? Es gibt im Staat Israel weder stabilen Frieden noch einen Tempel, zu dem alle Völker pilgern. Den Messias haben nur einzelne angenommen. Das Judentum ist keine einheitliche Gruppe, es gibt verschiedene Strömungen von ultra-orthodoxen Gläubigen bis hin zu völlig säkularen Juden, die kulturell und politisch Juden sind, aber keinen persönlichen Gottesbezug mehr haben. Der moderne Staat Israel ist außerdem ein säkularer Staat, in dem Menschen mit verschiedenen Religionen leben.

Gottes Plan A

Die Verheißungen Gottes für Israel könnte man als „Gottes Plan A“ bezeichnen. Gott hat seinem Volk vor Augen gestellt, wie sehr er sie segnen würde, wenn sie am Bund mit ihm festhalten. Israel lag geografisch zentral im Alten Orient, dort kreuzten sich Handelsrouten von Ägypten nach Syrien, von Mesopotamien bis zum Mittelmeer. Israel sollte ein missionarisches Zentrum sein, durch das alle Völker erreicht würden (5. Mose 4,6-8; 1. Könige 10), weil sie dort den Glauben an den wahren Gott kennenlernen würden. Gott wollte Israel mit Segnungen überschütten, der Messias sollte kommen und als Gott unter ihnen sein. Sie würden ihn annehmen, er würde sein Leben geben, dann würde die Ewigkeit eingeleitet werden. So hätte es sein können!

Bedingungen

Gottes Prophezeiungen sind manchmal an Bedingungen geknüpft, die mit dem Verhalten von Menschen zu tun haben. In Jeremia 18,7-10 heißt es: „Bald rede ich gegen ein Volk und Königreich, dass ich es ausreißen, einreißen und zerstören will; wenn sich aber das Volk, gegen das ich geredet habe, von seiner Bosheit bekehrt, so reut mich auch das Unheil, das ich ihm gedachte zu tun. Und bald rede ich über ein Volk und Königreich, dass ich es bauen und pflanzen will; wenn es aber tut, was mir missfällt, dass es meiner Stimme nicht gehorcht, so reut mich auch das Gute, das ich ihm verheißen hatte zu tun.“

Hier werden zwei Situationen erwähnt: 1.) Gott verheißt Unheil, aber die Menschen bekehren sich. Genau das geschah in Ninive. Die Niniviten hörten auf Jonas Gerichtsbotschaft und Gott ließ das Gericht nicht eintreffen. Jona war dennoch kein falscher Prophet. Die Botschaft war aber an Bedingungen geknüpft. 2.) Gott verheißt Segnungen, aber die Menschen wenden sich von ihm ab. Diese Entwicklung wird in der Bibel oft beim Volk Israel beschrieben. Die Propheten stellen immer wieder Gottes Plan A in Aussicht, aber dennoch kommt es zu sozialen Missständen und Götzendienst. Gott lässt daraufhin seine Segnungen nicht eintreffen. Es handelt sich ebenfalls nicht um falsche Prophetie.

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Der Messias wird nicht angenommen

Vorwurf

Jesus wirft seinem eigenen Volk vor, dass sie Propheten und sogar ihn, den Sohn Gottes, töten.

Als Jesus in Jerusalem ist, hätte eigentlich das Reich Gottes dort anbrechen sollen, dessen König er war. Aber „er kam in das Seine und die Seinen nahmen ihn nicht auf“ (Johannes 1,11). Nach dem triumphalen Einzug in Jerusalem und nach der Tempelreinigung und Verfluchung eines fruchtlosen Feigenbaums (Symbol für Gottes Volk an anderen Stellen) wird Jesus in Matthäus 21-22 in drei Gleichnissen sehr deutlich: Am krassesten ist wohl das „Gleichnis von den Weingärtnern“ (Matthäus 21,33-46). Hier wirft er seinem eigenen Volk vor, dass sie Propheten und sogar den Sohn Gottes töten. Am Höhepunkt sagt er: „Das Reich Gottes wird von euch weggenommen und einer Nation gegeben werden, die seine Früchte bringen wird“ (21,43). Nach dieser skandalösen Aussage versucht man, ihn zu steinigen.

Später weint Jesus über Jerusalem, dass es ihn und all die Propheten vor ihm nicht angenommen hat (Matthäus 23,37). In 23,38 sagt er „euer Haus wird euch öde gelassen“ und spielt auf den Tempel an, dessen Zerstörung er in Kapitel 24 ja auch voraussagt. Als Jesus am Kreuz stirbt, zerreißt der Tempelvorhang von oben nach unten (also von Gott ausgehend!). Die Rituale im Tempel haben durch das wahre Opfer am Kreuz ihre Bedeutung verloren. Stephanus wendet sich in Apostelgeschichte 7 noch einmal in einer Gerichtsrede an sein Volk, wird aber gesteinigt. Das Evangelium wird von nun an verstärkt auch den Heiden gepredigt. Die neue Christengemeinde setzt sich aus Juden- und Heidenchristen zusammen.

Wer ist heute Israel?

Die gute Nachricht ist, dass Gott seine Versprechen nicht einfach fallen lässt, sondern andere Wege findet, sie schließlich doch wahr werden zu lassen. Er hat einen „Plan B“!

In den Petrusbriefen wendet sich Petrus an ehemalige Heiden, die Christus angenommen haben (1. Petrus 2,10). In 1. Petrus 2,5-9 bezeichnet er sie als „auserwähltes Geschlecht, königliches Priestertum, heilige Nation, Volk des Eigentums“, „Berufene“, „Volk Gottes“ usw. Das sind alles Bezeichnungen, die zuvor nur für Israel galten! Hier wird alles, was vorher nur für Israel als Nation galt, auf das „neue Israel“ bezogen, zu dem nun auch Heiden dazugehören dürfen, sofern sie den Messias, Christus annehmen. Das war revolutionär!

Paulus gebraucht im Römerbrief ein sehr aussagekräftiges Bild für diesen Übergang: Er nennt Israel einen edlen Ölbaum (Römer 11,17-21). Etliche Zweige sind aus diesem Ölbaum herausgebrochen, weil sie Christus nicht angenommen haben, während andere, die ursprünglich nicht dazugehörten (Heiden), eingepfropft wurden, weil sie Christus angenommen haben. Dennoch bleibt der Ölbaum (Israel) bestehen und auch Gottes Verheißungen.

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Viele Prophezeiungen der Bibel sind in Erfüllung gegangen, manche stehen noch aus.

Gottes Verheißungen werden doch noch wahr!

Mit diesem „geistlichen Israel“, zu dem Juden und Nichtjuden gehören, wird Gott seine Verheißungen doch noch erfüllen – allerdings nicht mehr im irdischen Jerusalem, sondern im himmlischen. Statt „Knaben, die 100 Jahre alt werden“ (Jesaja 65,20), gibt es nun das Versprechen des ewigen Lebens; und Gottes Plan entfaltet sich nicht länger nur lokal im Nahen Osten, sondern im Rahmen einer globalen Mission. So wird sein Plan mit seinem Volk auf eine noch größere und herrlichere Weise Wirklichkeit. Nichts, was Gott gesagt hat, bleibt unerfüllt. Auch Paulus spricht klar von der Möglichkeit und Hoffnung, dass die herausgebrochenen Zweige (Juden, die Jesus nicht angenommen haben) wieder „eingepfropft“ (eingepflanzt) werden, wenn sie Christus annehmen.

Fazit

Viele Prophezeiungen des Alten Testaments beschreiben Gottes Plan A mit seinem Volk Israel, also ein „Was hätte sein können“. Sie haben sich nie erfüllt, da die damals angesprochenen Menschen nicht am Bund mit Gott festgehalten haben. Die gute Nachricht lautet aber, dass Gott einen Plan B hat und seine Verheißungen in noch globalerer und großartigerer Weise erfüllen wird.

Zum Nachdenken

  • Was sagt es über Gott aus, dass er Menschen, die ihm untreu geworden sind, nicht einfach aufgibt, sondern neue Wege sucht, sie zu erreichen?
  • „Gott kann auf krummen Zeilen gerade schreiben“ – wo habe ich das schon einmal erlebt?
  • Vertraue ich Gott, auch wenn es so aussieht, als würden sich seine Versprechen an mir nicht erfüllen?


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