Widersprechen sich die zwei Schöpfungsberichte der Bibel?

Zwei Steinfliesen mit blauen Pfeilen, einer zeigt nach rechts, der andere nach links, liegen auf dem Gras.

1. Mose 1,1.2 · LUT Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis lag auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser.
1. Mose 2,4-7 · LUT Dies ist die Geschichte von Himmel und Erde, da sie geschaffen wurden. Es war zu der Zeit, da Gott der HERR Erde und Himmel machte. Und alle die Sträucher auf dem Felde waren noch nicht auf Erden, und all das Kraut auf dem Felde war noch nicht gewachsen. Denn Gott der HERR hatte noch nicht regnen lassen auf Erden, und kein Mensch war da, der das Land bebaute; aber ein Strom stieg aus der Erde empor und tränkte das ganze Land. Da machte Gott der HERR den Menschen aus Staub von der Erde und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen.

Die biblischen Schöpfungsberichte widersprechen sich nicht, sondern ergänzen einander. Der zweite Bericht enthält mehr Details als der erste.

Ein weit verbreitetes Missverständnis

Immer wieder wird behauptet, die Bibel enthalte zwei Schöpfungsberichte (1. Mose Kapitel 1 und 2), die auf unterschiedliche Quellen und Schreiber zurückgehen. In Wirklichkeit handelt es sich beim zweiten Bericht aber um eine Ergänzung zum ersten.

Wiederholung

Im „Parallelismus“ wird der gleiche Sachverhalt kurz nacheinander mit unterschiedlichen Worten wiedergegeben.

Ein typisches Kennzeichen der hebräischen Sprache ist die Wiederholung. Man spricht auch oft von einem „Parallelismus“. Der gleiche Sachverhalt wird kurz nacheinander mit anderen Worten wiedergegeben, um seine Wichtigkeit zu unterstreichen. Oft wird auch in der parallelen Aussage der vorhergehende Text wie mit einer Lupe betrachtet, um Fakten nachzuliefern und Aussagen verständlicher zu machen.

Dieses hebräische Stilmittel muss auch bei der Betrachtung der zwei Schöpfungsberichte beachtet werden. Der erste Bericht schließt in 1. Mose 2,4a ab. Er gibt einen kurzen Überblick über die Entstehung der Welt in sieben Tagen. Der zweite Teil von Vers 4 springt zum 6. Schöpfungstag zurück.

Thematisch, nicht chronologisch

Info

Erster Schöpfungsbericht chronologisch, zweiter Schöpfungsbericht eher thematisch.

Während der erste Schöpfungsbericht chronologisch vorgeht, behandelt der zweite Schöpfungsbericht alles eher thematisch. So geht es beispielsweise bei der Aussage, dass bestimmte Pflanzen noch nicht vorhanden oder gesprosst waren (Vers 5), als der Mensch erschaffen wurde, nicht um eine andere Reihenfolge der Schöpfung, sondern darum, dass die geschaffene Vegetation erst später wirklich Gestalt annahm. Dabei sollte nämlich der Mensch eine wichtige Rolle spielen (siehe 1. Mose 2,6-17 als Zusammenhang). Der Mensch bekam Verantwortung, den Garten zu bebauen und zu bewahren.

Vers 19 wird auch oft als Beweis gesehen, dass die beiden Berichte nicht übereinstimmen. Doch dort steht nicht, dass Gott die Tiere erst nach der Erschaffung des Menschen machte. Laut der grammatischen Form des Wortes „machen“ lag die Erschaffung der Tiere bereits in der Vergangenheit. Hier wird das Thema der Tiere besprochen, ihre Schöpfung und spätere Benennung durch den Menschen.

Genauere Einblicke in den sechsten Schöpfungstag

Der zweite Bericht (1. Mose 2) konzentriert sich auf den 6. Schöpfungstag, um folgende Punkte herauszustellen:

  • Die Bedeutung der Erschaffung des Menschen. Er wurde von Gott mit eigener Hand gestaltet und ist außerdem Gottes Verwalter der Erde (Vers 7 und 15).
  • Die Bedeutung der Ehe. Durch die ausführliche Schilderung der Erschaffung von Frau und Mann wird der Wert des Menschen und besonders der Frau hervorgehoben. Die Einsetzung der Ehe durch Gott zeigt ihre Wichtigkeit für den Menschen (Vers 24). Sie ist – wie der wöchentliche Sabbat – etwas, das der Mensch aus dem Paradies mitnehmen konnte.
  • Die Voraussetzung für den Sündenfall. Der zweite Bericht schildert die Entscheidungsfreiheit des Menschen (Vers 16.17) Sie ist Bedingung dafür, dass der Mensch Gott aufrichtig lieben kann, weil Liebe und Freiheit untrennbar miteinander verbunden sind. Ohne die Entscheidungsfreiheit des Menschen sind Kapitel 3 und damit der fortlaufende Bericht der Menschheitsgeschichte nicht verständlich.

Fazit

Das 2. Kapitel der Bibel macht eine Ergänzung zum Schöpfungsbericht. Es handelt sich nicht um einen alternativen und abweichenden Schöpfungsbericht, sondern beide Schilderungen gehören zusammen.

Zum Nachdenken

  • Warum ist der erste Schöpfungsbericht überblicksartig und chronologisch, der zweite aber detailreich und thematisch? Welchen Sinn hat es, zwei Berichte zu haben?
  • Warum wird die Schöpfung des Menschen im 2. Kapitel der Bibel noch einmal ganz genau beschrieben? Was war so besonders daran?
  • Was würde uns fehlen, wenn wir das 2. Kapitel der Bibel nicht hätten? Was in diesem Kapitel spricht mich besonders an? Was gibt es zu lernen?


In diesem Video geht Chris vom YouTube-Kanal Masterpiece Bibel auch der Frage nach, warum es zwei Schöpfungsberichte in der Bibel gibt.


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